Deutschland
Biologe
Alter: 36
- [ru] Пока существуют классы, всегда будет необходимость в диктатуре пролетриата
- [de] Er wird also immer die Notwendigkeit bestehen, solange Klassen existieren, die Diktatur des Proletariats zu haben
1. Ist im XXI Jahrhundert, unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und politischen Veränderungen in der Welt, die in hundert Jahren seit dem Großen Oktober stattgefunden haben, der Sieg der sozialistischen Revolution in einem einzelnen Land oder innerhalb einer großen Region möglich?
Antwort: Ich halte den Sieg der sozialistischen Revolution in einem einzelnen Land, bzw. einigen wenigen Ländern immer noch für möglich. Trotz der Entwicklung des imperialistischen Weltsystems gilt immer noch Lenins Erkenntnis von der ungleichmäßigen Entwicklung des Kapitalismus. Die Revolution wird am schwächsten Glied des imperialistischen Weltsystem beginnen. Das heißt natürlich nicht, dass die Geschichte sich zu 100% wiederholen wird. Wo das schwächste Glied ist und wo die Revolution beginnen wird hängt auch von der Stärke der Arbeiterbewegung und der Entschlossenheit der kommunistischen Partei ab. Auch ist nicht auszuschließen, dass, wenn in einem größeren und ökonomisch wichtigen Land die Revolution ausbricht, die Revolution in den anderen Ländern schneller folgen werden, weil durch die zunehmende Globalisierung des Kapitalismus jede revolutionäre Situation auch Auswirkungen auf andere Regionen der Erde haben kann. Und natürlich ist es immer noch potentiell möglich, dass eine Revolution durch die Konterrevolution besiegt werden kann.
Also: die Grundlage des Sieges der Revolution in einem Land ist immer noch möglich. Aber ihr konkreter Verlauf lässt sich nicht oder nur schwer ermitteln.
2. Mit Blick auf die Erfahrungen der Länder der linken Wende in Lateinamerika der zwei letzten Jahrzehnte, ist der Sieg der Revolution durch einen unbewaffneten (oder wie es öfter genannt wird – friedlichen) Weg möglich? Ist es möglich, dass die Arbeiter in breiter Volksfront mit bürgerlichen Wahlmechanismen an die Macht kommen?
Antwort: Wenn es in einem Land möglich ist, dass eine kommunistische Partei durch eine bürgerliche Wahl an die macht kommt, ist es prinzipiell zu begrüßen. Aber auch dann muss die KP die Revolution anführen: das heißt konkret: die Bourgeoisie entmachten, das Proletariat bewaffnen, die Produktion vergesellschaften und die Diktatur des Proletariates errichten, festigen und verteidigen. Den Sozialismus ohne Entmachtung der Bourgeoisie durch Reformen einzuführen wird scheitern, weil die Bourgeoisie diesen Schritt nicht mitgehen wird. Und da im Kapitalismus die Bourgeoisie die Macht in ihren Händen konzentriert – auch wenn die KP die Mehrheit im Parlament stellen sollte ist dies noch der Fall – wird sie einen „friedlichen Weg zum Sozialismus“ zu verhindern wissen. Gerade die Geschichte Lateinamerikas von Chile über Brasilien, Venezuela und Bolivien beweist das.
3. Gilt heute noch die Notwendigkeit einer Diktatur des Proletariats und wie können die Formen Ihrer Umsetzung sein? Bei der Beantwortung dieser Frage beachten Sie bitte, dass der Begriff „Proletarier“ aufgrund der wissenschaftlich-technischen Revolution, Bildung der Bevölkerung und so weiter noch geklärt werden soll.
Antwort: Die Diktatur des Proletariats ist die Staatsform des Sozialismus zur Verteidigung und Schutz des sozialistischen Staates. Er wird also immer die Notwendigkeit bestehen, solange Klassen existieren, die Diktatur des Proletariats zu haben.
Klassen definieren sich durch ihre Stellung zu den Produktionsmitteln. Proletarier zeichnen sich dadurch aus, dass sie über keine Produktionsmittel verfügen, sondern für einen Lohn arbeiten müssen. Keineswegs reduziert sich das Proletariat damit auf die Industriearbeiter. Es spielt also keine Rolle, ob man in der Industrie, im Transportwesen, im Handel oder in Versicherungen tätig ist. Auch nicht, ob sie nun Sekretärinnen, Krankenschwestern, Kassiererinnen bei Aldi sind oder am Bankschalter hocken. Und ebenso wenig, ob sie bei McDonalds Cheeseburger verteilen, im Restaurant die Gäste bedienen, am Telefon Kundenservice betreiben, Autos reparieren oder die Toiletten putzen. Natürlich zählen auch hierzu Leiharbeiter, Zeitarbeiter, Ein-Euro-Jobber etc. Mit der Weiterentwicklung der wissenschaftlich-technischen Revolution gehören die Fachkräfte im IT-Bereich, der Chemie- oder Biotechnologie und anderer moderner Industrien auch dazu, mögen sie ein noch so gutes Diplom haben. Wie kann es aber sein, dass so viele, völlig unterschiedliche Berufszweige, etwas miteinander zu tun haben? Ihnen allen gemeinsam ist, dass sie einen Mehrwert erzeugen und somit der Ausbeutung unterliegen. Marx unterschied dabei das Proletariat nicht nach diversen Berufsgruppen, sondern nach qualifizierten und unqualifizierten Arbeitern, die jedoch dieselbe Stellung zu den Produktionsmitteln hatten.
Die konkreten Formen der Diktatur des Proletariats im Sozialismus hängen von verschiedenen Faktoren ab, vor allem von der wissenschaftlich-technischen Ausbildung des Proletariats, wie auch ihr politisches Bewusstsein. Insbesondere in der geplanten Ökonomie sind beide Faktoren – wissenschaftliche Ausbildung und politisches Bewusstsein – essentiell für die Stärke der Diktatur des Proletariats.
4. Ist der Sieg der Revolution in den USA und anderen Zentren des globalen Imperialismus in einer absehbaren Zukunft möglich?
Antwort: Der Sieg des Sozialismus in den USA und den anderen imperialistischen Zentren hängt ohne Frage von der Organisiertheit der Arbeiterklasse und der Klarheit der kommunistischen Parteien ab. Kennzeichnend für die imperialistischen Staaten ist, dass in diesen beides fehlt. Je nach Land mag die Arbeiterklasse organisierter und klassenbewusster sein als in anderen. Aber ohne eine kampffähige kommunistische Partei ist der Sieg der Revolution in den imperialistischen Zentren in weiter Ferne. Kommunisten in diesen Ländern haben also die Pflicht eine politisch klare kommunistische Partei aufzubauen.
5. Was sind die Ursachen für den Tiefstand der kommunistischen Bewegung in der Welt? Wir stellen diese Frage mit Schmerz, aber es ist unmöglich zu ignorieren, dass in vielen Ländern Bewegungen, die sich absichtsvoll von Politik distanzieren, oder rechtsextremen, populistischen und geradezu demagogischen Charakter zeigen, eine größere Zahl Unterstützer unter den Arbeitenden und Ausgebeuteten finden als Kommunisten.
Die Ursache der Schwäche liegt im Wesentlichen am Revisionismus und Opportunismus, der seit dem XX. Parteitag der KPdSU nicht oder nur unzureichend bekämpft wurde. So wurden Grundlagen der marxistisch-leninistischen Wissenschaften unter dem Vorwand der „Erneuerung des Marxismus“ über Bord geworfen. Gerade in den imperialistischen Zentren sind die verschiedenen Formen des Revisionismus und Opportunismus dominierend in der Arbeiterbewegung.
6. Ist in der modernen Welt die Existenz der Kommunistischem Parteien auf nationaler Ebene gerechtfertigt? Wie sehen heute und in der Zukunft die Logik und die Perspektiven der Entwicklung einer kommunistischen Partei aus?
Die Existenz nationaler kommunistischer Parteien ist zweifelsohne gerechtfertigt. Denn die Kommunisten wissen in ihrem eigenen Land am besten über die Lage der Arbeiterklasse, die Pläne der Bourgeoisie etc. bescheid. Weil der Hauptfeind im eigenen Land steht, muss es Aufgabe der kommunistischen Parteien sein ihre eigene Bourgeoisie zu stürzen. Die Strategien und Taktiken zum Sturz der Bourgeoisie oder des Klassenkampfes allgemein sehen von Land zu Land, Region zu Region unterschiedlich aus. Diese Strategien erfolgreich durchzuführen geht am besten, wenn jedes Land seine kommunistische Partei hat. Genauso wie ein Mechaniker von der Reparatur eines Autos mehr bescheid weiß als ein Arzt (und letzterer dafür besser eine Operation durchführen kann), so weiß eine kommunistische Partei in Deutschland ihre Arbeiterklasse zu organisieren, als eine kommunistische Partei in Brasilien (und umgekehrt).
Aber mindestens genauso wichtig ist es, dass die kommunistischen Parteien sich untereinander vernetzen, ihre Erfahrungen austauschen und sich gegenseitig beraten. Denn genauso wie es Unterschiede zwischen den einzelnen Nationen gibt, gibt es auch viele Gemeinsamkeiten: Die Arbeiterklasse in Indien leidet genauso unter dem Joch des Kapitalismus wie die Arbeiterklasse in Deutschland, auch wenn die konkreten Formen der Unterdrückung der Arbeiterklasse sich verschieden ausdrücken, lebt in beiden Ländern die Bourgeoisie von der Ausbeutung der Arbeiterklasse. Der konkrete Unterschied liegt nur, dass die Bourgeoisie im imperialistischen Deutschland mit den Extraprofiten aus der Dritten Welt ihre Arbeiterklasse versucht zu korrumpieren und ruhigzustellen, indem sie ihnen ein materiell etwas besseres Leben verspricht. Aber erst der Austausch der Strategie und Taktik der kommunistischen Parteien der verschiedenen Länder lässt nicht nur die Wirkung des Imperialismus besser verstehen, sondern man weiß über die Klassenkämpfe auf der ganzen Welt bescheid und kann aus ihren Erfahrungen schöpfen. Außerdem ist dieser Internationalismus eine wunderbare Waffe gegen nationale Borniertheit.
Also: genauso wie die Existenz einer kommunistischen Partei in einem Land notwendig ist, ist auch die Vernetzung zwischen den Kommunistischen Parteien, also eine kommunistische Internationale, von Bedeutung.
7. Warum bringen die alten Formen des wirtschaftlichen Kampfes, wie Streik, nicht mehr die gewünschten Ergebnisse für die Arbeiter? Welche Formen des politischen und wirtschaftlichen Kampfes in der modernen Situation sind möglich und notwendig?
Dass die alten Formen des politischen Kampfes wirklich wirkungslos sind, möchte ich bestreiten. Hier in der BRD sind Streiks tatsächlich relativ selten. Aber in Indien gingen Millionen von Arbeitern auf die Straße, um gegen Privatisierungen zu protestieren. In einem bevölkerungsreichen Land wie Indien sind ein paar Millionen Arbeiter vielleicht ein Tropfen auf dem heißen Stein. Aber diese Millionen Arbeiter haben Familienmitglieder, Freunde und Arbeitskollegen etc., die sie mit ihrer politischen Aktion inspirieren können. In der BRD sind die Genossen vielleicht demoralisiert, weil die Arbeiter so wenig Streiken. Aber wenn man auf die Welt schaut: Arbeiter streiken überall, sogar in den USA und in der BRD!
Oft ist sich die Arbeiterklasse zwar ihrer Probleme bewusst, aber es fehlt an Arbeiterorganisationen, Massenorganisationen und sogar oft die Fähigkeit sich als Arbeiterklasse zu verstehen und sich für ihre Interessen zu organisieren. Ich rede dabei nicht von dem Eintritt in eine kommunistische Partei. Es fehlt oft das Bewusstsein oder der Mut sich für seine Interessen einzusetzen, Solidarität zu zeigen oder zu organisieren. Das fängt schon im Kleinen an, im täglichen Leben, am Arbeitsplatz usw. Die Arbeit in der Arbeiterklasse muss kleinschrittig sein. „Revolution & Streik“ zu schreien und auf Demos zu gehen reicht alleine nicht aus, wird die Arbeiterklasse nicht überzeugen mitzulaufen. Denn das Klassenbewusstsein ist oft so gering, dass man wirklich kleine Brötchen, ja fast Krümel, backen muss. Der Arbeiterklasse zu verstehen geben, dass sie sich für ihre Interessen einsetzen muss, sie in ihrem Kampf und ihren täglichen Problemen und Sorgen zu unterstützen, zuzuhören, Vertrauen aufzubauen. Das ist das Problem, das wir anpacken müssen. Wenn wir die Partei haben, lassen sich die Arbeiter auch besser organisieren. Das ist natürlich eine mühselige Kleinarbeit, die aktuell sehr schwierig ist. Aber sie ist notwendig.
Aber natürlich ist der Streik nicht die einzige Form des Kampfes und man sollte nicht in die Illusion der 1920er Jahre verfallen, es genauso zu machen, wie die kommunistischen Parteien damals. Mit der Entwicklung der Produktivkräfte entwickelt sich auch die Arbeiterklasse und damit die Formen des politischen und ökonomischen Klassenkampfes. Aber diese Weiterentwicklung der Formen des Klassenkampfes scheint vielen Parteien zu fehlen: es fehlt eine Strategie zur Massenarbeit, die nicht in opportunistische Nachtrabpolitik verfällt etc., zumindest in der BRD. Es sollte Aufgabe der kommunistischen Parteien sein, vor allem wenn sie noch schwach sind, Strategien zur Massenarbeit zu entwickeln und sich bei den Erfahrungen mit anderen Parteien auszutauschen.
8. Welche praktischen Formen der internationalen Solidarität der Arbeiter sind heute und morgen möglich und notwendig?
Wichtig ist es, dass sich die kommunistischen Parteien untereinander austauschen. Denn nur so erfährt man am besten, was für Klassenkämpfe in den anderen Ländern passieren. Und wenn man das weiß, dann weiß man auch wo und in welcher konkreten Form Solidarität praktisch durchgeführt werden. Denn Solidarität sollte nicht nur aus Resolutionen und Losungen bestehen. Sie muss auch praktisch sein. Idealerweise wäre es z. B. wünschenswert in streikende Gebiete Arbeiterdelegationen zu schicken, um voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu unterstützen. Doch hier in der BRD besteht schon das Problem der Schwäche der kommunistischen Bewegungen, dass solche Delegationen erstmal Wunschdenken sind. Aber möglich wären auch hier Spendenaktionen. Und was sicherlich gehen kann: die Arbeiterklasse im eigenen Land zu informieren, dass anderswo Arbeiter für ihre Rechte kämpfen.